Finger weg vom Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz!

„Behandlung und Hilfe stehen immer im Zentrum des Handelns“ Bayerisches Kranken-Hilfe-Gesetz von 2018

Statement der bayerischen Bezirksrät*innen zum geforderten „Register“ für Menschen mit psychischen Erkrankungen:

Die bayerischen Bezirksrätinnen und Bezirksräte von Bündnis 90/Die Grünen fordern die bayerische Staatsregierung auf, die Bestrebungen für ein „Register“ für Menschen mit psychischen Erkrankungen sofort aufzugeben.

Im bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz vom 24. Juli 2018 heißt es wörtlich:
„Die Behandlung und Hilfe stehen immer im Zentrum des Handels“.
Leitgedanken für die Versorgung, Unterbringung und Behandlung sind insbesondere

  • Die in Art 100 der Verfassung und den Art. 1 und 2 des Grundgesetztes verankerte Würde des Menschen sowie dessen Recht auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit.
    Mit einem Register würden die Freiheitsrechte unmittelbar tangiert. Wenn z.B. eine Studierende wegen eines Burnouts ins Register käme, wären ihre beruflichen Möglichkeiten z.B. auf Anstellung als LehrerIn eingeschränkt.
  • Der Schutz der Allgemeinheit
    Im Fall von Aschaffenburg, der augenscheinlich Anlass war, dass die CSU erneut (das versuchte die CSU auch schon 2018) ein Register für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern fordert.
    Der Täter hätte längst abgeschoben werden müssen. Das sagen Berichte von bayerischen und von Bundesbehörden. Bayern und der Bund schieben sich die Schuld für die nichterfolgte Abschiebung zu. Ein Register hätte am Versagen der Behörden nichts geändert.
  • Die Bedeutung von Prävention und Therapie. Die Krisendienste und die Unterbringung fügen sich als Elemente in eine Versorgungskette ein, deren zentrale Bezugspunkte Prävention und Therapie sind. Dies gilt auch für die Gewaltprävention. Genesung ist auch die beste Gewaltprävention.
    Es ist erwiesen, dass psychisch kranke Menschen der Prävention und Therapie fernbleiben, wenn sie fürchten müssen, dass ihr Name in einem Register gespeichert wird.
    Das wäre kontrapoduktiv.
  • Die Bedeutung der Vernetzung und Zusammenarbeit der Beteiligten.
    Alle Fachleute, alle Fachgremien haben sich bereits 2018 massiv dafür eingesetzt, dass das Register aus dem PsychKH-G verschwindet. Damals war ein reglerechter Aufschrei der Fachleute zu vernehmen. Es ist nicht nachzuvollziehen, was die CSU veranlasst nun erneut eine derartige unsinnige Forderung zu stellen.
  • Die Bedeutung des Engagements des Wissens und der Erfahrung der Menschen in der organisierten Selbsthilfe, insbesondere in den maßgeblichen Verbänden der Psychiatrieerfahrenen und der Angehörigen psychisch Kranker in den Hilfesystemen für Menschen mit psychischen Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen.
    Die gesamte Selbsthilfelandschaft hat sich ebenfalls 2018 gegen ein derartiges Register ausgesprochen. Will die CSU die Expertise dieser Fachexperten plötzlich in den Wind schlagen?
  • Die Gewährleistung gleicher Zugangsmöglichkeiten zur Versorgung in allen Teilen Bayerns im Sinne des Art. 3 der Verfassung, unter besonderer Berücksichtigung auch des ländlichen Raumes.
    Der Zugang der betroffenen Menschen würde mit einem Register torpetiert werden, da Betroffene psychisch kranke Menschen die Diagnostik und Therapie meiden würden, damit ihr Name nicht in einem derartig menschenverachtenden Register erscheint.
    Nur ein winziger Teil nicht behandelter Menschen mit psychischen Erkrankungen wird gewalttätig. Die meisten leider unter Depression, Psychosen, Neurosen, Burnout, Ängsten usw. Wie ignorant müssen die Verantwortlichen in der CSU eigentlich sein, um ein derartiges Register als Lösung für Gewalttaten von psychisch kranken Menschen zu sehen.
    Das einzig sinnvolle ist: schnelle Diagnosestellung und gute Therapie mit Begleitung im Sozialraum.